Mit dem Paratext-Begriff hat Gérard Genette ein Instrument von erheblicher literatur-, kultur- und medientheoretischer Reichweite zur Verfügung gestellt. Daß sie noch unterschätzt wird, dafür dürfte die philologische Bescheidenheit mitverantwortlich sein, mit der die Kategorie eingeführt wurde. Nur zu gern hat man Genettes Rede vom Paratext als bloßem "Beiwerk des Buches" - im Unterschied zum "eigentlichen" Text - wörtlich genommen. Nimmt man das Konzept aber ernst, bleibt buchstäblich keines der Elemente eines Werks oder Buchs von paratextuellen Qualitäten unberührt. Und insofern paratextuellen Phänomenen ein für jede Lektüre, allgemein jede Rezeption weichenstellender Status zukommt, geht ihre Beobachtung keineswegs auf Randständiges, sondern tatsächlich aufs Ganze: Paratexte organisieren die Kommunikation von Texten überhaupt.
Die unter dieser These im vorgelegten Buch eröffnete Diskussion antwortet nicht zuletzt auf einen gegenwartsdiagnostischen Befund: In vielen medialen Kontexten ist eine rasante Ausdifferenzierung paratextueller Strategien zu beobachten. Ein besonderer Akzent des Bandes liegt im intermedialen Vergleich von Literatur, Film und Fernsehen sowie in einer entsprechenden Verschränkung interdisziplinärer Perspektiven. Wenn dabei konkurrierende Theorieansätze zu Wort kommen, wie sie in der aktuellen kulturwissenschaftlichen Debatte vertreten sind, so ist es kein Zufall, daß immer wieder Grundkonzeptionen der beteiligten Disziplinen thematisiert werden: vom Autor-, Werk- und Text- bis hin zum Kommunikations- und Medienbegriff. Ebenso wenig zufällig, sondern ein Zeugnis für das Potential des von Genette vorgeschlagenen Begriffs ist es jedoch, daß alle Beiträge die fällige theoretische Diskussion mit insistenten, teilweise mikrologisch präzisen materialen Analysen engzuführen verstehen.