Spätestens seitdem ein faschistisch agierendes politisches System einen Krieg mittels »Entnazifizierung« rechtfertigt, ist klar: Verkehrungen ins Gegenteil sind eine allgegenwärtige Machttechnik. Doch nicht erst mit Putins autokratischem Regime, nicht erst durch Verschwörungstheorien oder Trumps Versuch, Fakten konsequent als Lüge zu deuten, können wir Verkehrungen beobachten. Wie Sylvia Sasse mit berückendem Blick nachweist, ist die Geschichte vielmehr voll von politischen wie medialen Strategien zur Erschaffung verkehrter Welten - und die Verkehrung ins Gegenteil ein direkter Angriff auf Differenz und Demokratie.
Spätestens seitdem ein faschistisch agierendes politisches System einen Krieg mittels »Entnazifizierung« rechtfertigt, ist klar: Die Welt ist aus den Fugen. Das Vertrauen in Institutionen schwindet, Fakten werden als Fiktion gedeutet, selbst dann, wenn man täglich mit ihnen konfrontiert ist, Autokratie wird zur Dissidenz und Kritik zur Zensur. Doch nicht erst mit Putins autokratischem Regime, nicht erst durch Verschwörungstheorien, Corona- und Klimawandelleugnung oder Trumps Versuch, die Spielräume der Demokratie immer weiter für eigene Interessen auszureizen, befinden sich die Wahrnehmung der Wirklichkeit sowie die Fähigkeit von Rezeption und Kritik unter Beschuss. Wie Sylvia Sasse mit berückendem Blick nachweist, ist die Geschichte vielmehr voll von politischen wie medialen Strategien zur Erschaffung verkehrter Welten. Es ist deshalb an der Zeit, die beobachtbaren Verkehrungen zu rekapitulieren, ihre Geschichte(n) zu verstehen und sie als eines der grundlegenden Verfahren von Desinformation zu begreifen. Denn die Verkehrung ins Gegenteil ist keine subversive Strategie »von unten«, sondern ein Mittel zur Festigung und Legitimation von Macht und Terror - und ein direkter Angriff auf die Demokratie.