kazimierz / krakau
die kuchen
dort im schaufenster
sehen wie thorarollen aus
eine straße weiter wohnte
mordechaj gebirtig
mit frau bluma und drei kindern
die fenster im keller des hauses aus
dem sie ihn holten
stehen nun offen
da schaut jeder rein und kann ihn
singen hören
und in den nahen synagogen
brauchst du die kippa nicht aufzusetzen
die frauen am eingang lächeln
den gästen aus deutschland
freundlich zu
vor einem café
blüht die braunäugige susanne
fünf zloty kostet dort
eine tasse melange mit
mohnstrudel
In den neuen Gedichten von Sabine Schiffner werden Geschichten von Verrat und Verlust, von Geburt und Tod, von Lebensfreude und Vergänglichkeit, von Familie und von Einsamkeit erzählt. Mit manchmal fast naivem, oft befremdetem Blick beobachtet sie und wundert sich über die jetzige und die vergangene Welt, die ihren biografischen Kosmos berührt. Die Worte kommen in diesen Gedichten scheinbar leichtfüßig tänzelnd daher und streifen einen wie im Vorbeigehen. Wenn man aber stehen bleibt und sich einlässt, sieht man hinter der rhythmischen und genau durchdachten Sprachkomposition die tiefe Wunde. Sabine Schiffners Sprache ist immer musikalisch, oft zugleich rau, Alltagssprache mit Hochpoetischem verbindend, ernüchternd, überraschend.