Polen ist eines unserer Nachbarländer und einer der zehn neuen Mitgliedstaaten, die am 1. Mai 2004 der Europäischen Union beitraten. Gen- und Reproduktionstechnologien werden seit 1987 dort angewandt. Polen ist ein slawisches Land, das demselben jüdisch-christlichen Kulturkreis wie Deutschland angehört, jedoch mit anderen sozialen Akteuren, einer anderen historischen Tradition und anderen Glaubensparadigmen. Wie aber stellen sich dort die zentralen Fragen nach Fluch oder Segen, Chancen und Risiken der neuen Reprotechniken?
Der Sammelband bietet erstmals in deutscher Sprache einen Einblick in die bioethische Debatte in Polen, über die in der BRD nur wenig bekannt ist. Die Experten und Expertinnen aus Politik, Justiz und Philosophie zeigen in ihren Beiträgen, dass eine weltanschaulich pluralistische Diskussion in bezug auf Reprotechniken nicht existiert. Die öffentliche Auseinandersetzung über Embryonen beschränkt sich bisher auf den Schwangerschaftsabbruch.
Im Unterschied zur BRD gibt es in Polen keine gesetzliche Regelung, welche Reprotechniken erlaubt und welche verboten sind. Normative Fragen zu Sexualität und Fortpflanzung werden vorwiegend essentialistisch mit bibeltheologischen Begründungen erörtert. An der zutiefst festgefahrenen "Kommunikation" zwischen katholischer Kirche und Frauenbewegung wird exemplarisch das Fehlen einer Verständigung zwischen religiösen und säkularen Gruppen sichtbar.
"Biopolitik. Grenzenlos. Stimmen aus Polen" richtet sich an Fachhochschulen, Universitäten, Bildungseinrichtungen und an interessierte Laien, die sich mit Ethik/Bioethik, Feminismus, Osteuropaforschung und Kulturwissenschaften beschäftigen.