Kann Wissen auch durch Bewegungen in Ritual, Tanz oder Theater weitergegeben werden? Welcher Art ist dieses Wissen, das mehr an körperliche Bewegung als an Sprache gebunden ist, und wie wird es erlernt? Der interdisziplinär konzipierte Band zeigt, wie performative Praxis und rituelle Lernprozesse mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen zusammenhängen. Dazu werden Beiträge aus der Germanistik, Geschichts- und Tanzwissenschaft mit ethnologischen und psychologischen Theorien zu Gedächtnis und Verkörperung vereint. Die ausgewählten Fallbeispiele behandeln dabei Spannungsverhältnisse und Aushandlungsprozesse im europäischen Theatertanz, bei liturgischen Tänzen im mittelalterlichen Europa, beim höfischen Tanz im Ancien Régime, beim Straßburger Akademietheater zu Beginn des 17. Jahrhunderts, bei kontemporären, nordindischen Ritualpraktiken und aktuellen Praktiken der Systemaufstellung in Deutschland. Dadurch lässt sich ein umfassendes Bild der Stellungen performativer Institutionen zu verschiedenen Zeitpunkten an verschiedenen Orten der Welt zeichnen. Die performative Aneignung und Ausführung von Wissen in Ritualpraktiken wird hier ebenso wie - umgekehrt - die ritualisierte Aneignung und Ausführung performativer Praktiken aus historischer, ästhetischer und psychologischer Sicht beleuchtet.