Was passiert, wenn die Erinnerung versagt?
Eine Frau, die von einem düsteren Geheimnis verfolgt wird: Schwanger, ohne zu wissen, wie es geschehen konnte. Ihre Erinnerung an die verhängnisvolle Nacht ist verschwommen. Ein mysteriöser russischer Offizier - ihr Retter oder Vergewaltiger?
Eine Familie, Ehre und Status getrieben und eine Gesellschaft, die keine Gnade kennt. Ein Drama über Verdrängung, Verantwortung und die schreckliche Wahrheit, die nie ganz ans Licht kommen darf. Ein Klassiker der deutschen Literatur und eine Geschichte, die auch heute noch nachhallt.
Eine Welt voller Geheimnisse, schmerzlicher Enthüllungen und moralischer Dilemmata.
Die Geschichte der "Marquise von O...." ist in der Gegenwart angekommen.
Es ist kaum zu glauben, auf welche Weise der italienische Maler Andrea Grosso Ciponte, dessen Arbeiten auch auf der Biennale gezeigt wurden, Heinrich von Kleists hochkomplexe, psychologische Erzählung »Die Marquise von O....« in eine Graphic Novel verwandelt.
Ciponte wagt den provakanten und artistischen Sprung zur reduzierten Visualisierung. Er konzentriert sich ganz auf die Figur der Marquise und malt sie, wenn man von den wenigen Szenen absieht, in denen ihr Gewalt angetan wird, ausschließlich nackt.
Auch Dacia Palmerinos Textfassung ist gleichermaßen ein Kabinettstück anspielungsreicher Verknappung; sie folgt einem Handlungsfaden, herausgelöst aus Kleists Sprachgeflecht, haltbar genug, um die prächtigen Bildeinfälle Cipontes zu verknüpfen und zu tragen.
Die mit Aquarelltechnik in eine gewisse Distanz gebrachten Akte der Marquise teilen gleichzeitig durch ihre Inszenierung und Gestik etwas Zentrales von den Empfindungen Kleists mit, verbunden mit einem heutigen Selbstverständnis der Gesellschaft. Damit ist etwas Einzigartiges und faszinierend Neues entstanden.